Mich begeistert an Cottbus auch, dass man hier noch Ideen haben und umsetzen kann.

Name: Dr. Stefanie Kaygusuz-Schurmann

Geburtsjahr/-ort: 1979 in Jena, aufgewachsen in Gera

Berufliches Zuhause: Fachbereichsleiterin Bildung und Integration der Stadtverwaltung Cottbus

Hobbies: Laufen, Wandern, Sachbücher, das Cottbuser Filmfestival genießen

Status: Zuzüglerin

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Der Fachbereich Bildung und Integration der Stadtverwaltung Cottbus ist zuständig für beide namensgebenden Themenfelder und richtet sich grundsätzlich an alle Menschen in Cottbus und Umgebung. Die stark von Zuwanderung geprägte Stadt Cottbus/Chóśebuz hat einen Ausländeranteil von 12 Prozent. Dazu gehören internationale Studierende, ausländische Arbeits- und Fachkräfte und Menschen aus dem Nachbarland (Polen) genauso wie Geflüchtete. In Cottbus leben große Communities wie die syrische, die ukrainische und die polnische, aber auch viele Menschen aus rund 120 weiteren Ländern. Diese (Wahl-)Cottbuser:innen werden auf Dauer oder zumindest für einige Zeit in Cottbus/Chóśebuz leben. Dr. Stefanie Kaygusuz-Schurmann weiß, dass Integration kein Selbstläufer, aber mit wenigen Hebeln zu schaffen ist und wie Willkommenskultur in Cottbus aussehen kann. Mit großer Überzeugung leitet sie den Fachbereich Bildung und Integration und betreibt mit Ihrem Team ab 1.8. das Welcome Center in der Berliner Straße. Woher sie ihre Motivation schöpft und warum die Boomtown Cottbus sie sehr begeistert, erfahren wir im Interview.

Wann und warum hast du beschlossen, dich für die Bildung und Integration von Menschen einzusetzen?

Schon in meiner Jugend habe ich mich politisch engagiert. In Gera aufzuwachsen, bedeutete früh die Entscheidungen zu treffen, für wen oder was man steht. Noch während meines Studiums der Sozialen Arbeit in Jena habe ich zunächst in einem Jugendheim, später in einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge gearbeitet und bin dann Jugendbildungsreferentin beim Demokratischen Jugendring in Jena geworden. Nebenberuflich habe ich noch den Master in Sozialer Arbeit gemacht, da ich gern promovieren wollte. Dabei habe ich auch viel über Managementthemen gelernt, insbesondere über Personalführung. Mit der Zusage des Promotionsstipendiums in der Tasche, zog ich mit meiner jungen Familie nach Cottbus/Chóśebuz. Unser Wunsch war es, dass die Kinder zweisprachig aufwachsen. Ich fand es schön, meinen ältesten Sohn in eine sorbische Grundschule einschulen und die beiden Mädchen in einen Witaj-Kindergarten anmelden zu können und damit den sorbischen Wurzeln meines Mannes eine neue Verankerung zu geben.

Woher kommt dein Interesse für das Sorbische?

Es ist vielmehr ein grundlegendes Interesse für Uneindeutiges und Hybridität. Cottbus und die Lausitz haben diese besondere Grenzlage zu Polen und die kulturelle Gemengelage mit der sorbischen Minderheit. Mich faszinieren Ambivalenzen und dialogische Räume. Man spürt in Cottbus, dass es unterschiedliche Perspektiven gibt und auch unterschiedliche Sprachen übereingebracht werden müssen. Dieses Feuer hat meine wunderbare bulgarische Doktormutter geschürt. Sie hat mit viel Engagement diese besondere Hybridität in der Lausitz beforscht: Also was entsteht aus zwei Essenzen – in solchen Fällen kein Gemisch, sondern eine dritte, neue Kultur. Ich beobachte gern die junge, urbane Community der Sorben, die viel Neues entstehen lässt und sich selbst eine frische Identität entwirft.

Wie begann dann deine berufliche Reise bei der Stadtverwaltung Cottbus?

Eigentlich wollte ich nie in die Verwaltung und bin nach der Promotion von 2015 bis 2016 zunächst Leiterin einer Versorgungseinrichtung für unbegleitete Geflüchtete gewesen. Im Juli 2016 begann ich dann in der Stadtverwaltung als Koordinatorin für Asyl. Eine wichtige Erkenntnis kam mir recht schnell – in der Verwaltung konnte ich viel mehr erreichen als in meinen zivilgesellschaftlichen Zusammenhängen, auch über Gespräche mit Ministerien. Schritt für Schritt trieb ich Fördermittel ein und so konnte ich mein internationales Team aufbauen und dem wachsenden Bedarf anpassen. Später wurde in meinem Fachbereich die Volkshochschule und Bibliothek angedockt, was ich schön finde, da es viele Synergieeffekte zwischen Integration und Bildung gibt.

Braucht ein so diverses Team spezielle Führung? Worauf legst du besonders Augenmerk als Leiterin deines Fachbereiches?

In meinem mittlerweile 44-köpfigen Team arbeiten etwa ein Viertel Menschen mit Migrationshintergrund. Mein Rezept: viel Vertrauen, Befähigen und Loslassen, nur bei Bedarf auf Gefahren hinweisen. Unterschiede diskutieren wir gemeinsam aus, lassen Räume für verschiedene Meinungen zu und werten nicht oder selten. Wir lernen alle unheimlich viel von einander. Wir sind eine kleine plurale Gesellschaft in der jeder seinen Platz hat und sich einbringen kann. Das tolle Team motiviert mich jeden Tag aufs Neue. Trotz der verschiedenen Lebensperspektiven – oder vielleicht gerade wegen – herrscht eine große Solidarität untereinander.

Was wünschst du dir von Cottbuser Bürger:innen, um das Zusammenleben in Cottbus ähnlich angenehm zu gestalten?

Es hilft, die eigenen Privilegien zu verstehen und sich zu fragen, was sind meine blinden Flecken und was ist mein Beitrag für ein schönes Cottbus. Eine heterogene Gesellschaft zeigt viele Perspektiven auf und man kann dabei üben, das „andere“ zuzulassen. Wir leben hier in einer lernenden Region, mitten im Strukturwandel. Ich wünsche mir mehr Mut etwas Neues entstehen zu lassen, anstelle von Ablehnung aus Angst.

Mich begeistert an Cottbus auch, dass man hier noch Ideen haben und umsetzen kann. Es gibt eine Menge Gestaltungsspielräume, die jeder nutzen kann. Ich bin mir sicher, dass wir in ein paar Jahren hier die Mehrheit von Begeisterten sein können. Das wird die Stadt zunehmend prägen.

Wo wir gerade bei der Schönheit von Cottbus sind – welches ist dein Lieblingsort in der Boomtown und was wäre dein Tipp für Ankommende?

Ich laufe sehr viel und kann nur empfehlen, um Cottbus gut kennenzulernen und zu verstehen, einmal von der Kutzeburger Mühle Im Süden bis zu Spreewehrmühle im Norden die Spree abzuwandern, weil man dabei alle Facetten der Stadt erfährt und den wunderbaren grünen Gürtel von Cottbus erleben kann.

 

Wir bedanken uns für das Gespräch. Das Interview führte Solveig Schaal.

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Hier geht es zur Webseite des Fachbereiches Bildung und Integration.

Aktuell sucht der Fachbereich einen neuen Mitarbeitenden zur unbefristeten Besetzung: Assistenz der Fachbereichsleitung (m/w/d) (Bewerbungsende 15.08.2023) - Stadt Cottbus/Chóśebuz

Hier geht es zum Artikel über das neue Welcome Center ab 1. August im Zentrum von Cottbus. 

 

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Dr. phil. Stefanie Kaygusuz-Schurmann als Autorin:

2018-  Intellektuelle subalterner gesellschaftlicher Gruppen und ihre Perspektive auf Mündigkeit | Subalterne Strategien in Migrationsregimen

Eine Stadt macht sich auf den Weg: Cottbus ist Mittelpunkt und Motor der Lausitz, Europas Modellregion für den dynamischen Wandel von der fossilen Ära hin zu Wissen, Technologie und neuer Energie.

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