Wir wollen auf die lebenswerte Seite der Stadt aufmerksam machen
Name: Aaron Köhler
Geburtsjahr: 1989 | Annaberg-Buchholz
Berufliches Zuhause: Kirche mittendrin
Hobbies: Sport (Fußball & mehr) & Musik (Klavierspielen)
Status: Zugezogener
Aaron Köhler ist 33 Jahre alt und Pastor der Kirche mittendrin Cottbus. 2018 kam er mit seiner Familie und seinem „Geschäftspartner“ Tobias Klement sowie dessen Familie nach Cottbus. Auch im Gepäck: Ideen zu einer Kirche als Ort für Menschen, statt als Gebäude. Wir treffen ihn im neuen, etwas überdimensionierten Wohnzimmer des künftigen mittendrin_Raumes in der Spremberger Straße 29. Mit auf Omas schönstem, ausgedienten Sofa sitzt Trainee Joel Ernst. Vor der historischen Kirschholz-Kulisse des ehemaligen „Stadt Cottbus“ strahlen beide Männer eine angenehme Ruhe aus. Ein gutes Omen für ihren Berufszweig. Wir wollten wissen, was ein junger Pastor an Visionen für eine Stadt im Umbruch verfolgt. Über grüne Daumen und sein Tagesgeschäft sprechen wir ebenfalls mit dem nahbaren Gemeindeoberhaupt.
Aaron, wie wird man eigentlich Pastor?
Zum einen bin ich so geprägt worden, also christlich aufgewachsen. Dazu kommen noch persönliche Leidenschaft und Überzeugung. Ich bin sicher, wenn Kirche gut gelebt wird, dass sie auch viel Gutes bewirken kann. Im Kern bedeutet das, für andere da zu sein und gute Nachrichten weiterzugeben. Nach meinem fünfjährigen Theologiestudium in Gießen habe ich zunächst vier Jahre in Hessen gearbeitet.
Und wodurch kam Cottbus dann in deinen Fokus?
Bei unserem heutigen Partnerprojekt in Potsdam, das auch mittendrin heißt, absolvierte ich ein Praktikum. Zu dieser Zeit wurde weiterer Bedarf im Land Brandenburg an mich herangetragen. Ich komme zwar aus dem Osten, aber Cottbus war bis dato eine Black Box für mich, die ich lediglich mit dem FC Energie verband. Wir kamen also erstmals zu Besuch, um uns die Stadt anzusehen. Ich weiß noch, wie wir im Sorat Hotel übernachteten und wirklich schöne Erlebnisse hatten. Wir standen in der Fußgängerzone mit Stadtkarte in der Hand und orientierten uns, schon wurde uns von Passanten Hilfe angeboten. Das empfand ich als echten Türöffner. Auch wegen der vielen Vorzüge der grünen, familienfreundlichen Stadt entschieden wir uns dann 2018 für den Zuzug.
Wie leicht fiel euch das Ankommen vor fünf Jahren?
Wir haben eine große Offenheit beim Ankommen erlebt, also fiel es uns nicht schwer. Außerdem waren wir selbst schon eine kleine, erprobte Gemeinde. Nach einem Auslandssemester-Roadtrip nach Schottland, sind mein Kompagnon Tobi, unsere Frauen und ich ein eingespieltes Team.
Wie kann man sich eine Gemeinde-Gründung wie eure vorstellen?
Ähnlich wie in der Startup-Szene gibt es vom Kirchenbund verschiedene Initiativen, die beim Umsetzen eigener Ideen helfen. Zum Vorbild hatten wir außerdem Potsdam und das mit rund 480 Gemeinden starke Netzwerk vom Bund Freier evangelischer Gemeinden (BFeG K.d.ö.R.), dem wir angehören. Ausgehend von der Fragestellung „Wie müsste Kirche aussehen, damit sie einen Wert für Cottbus hat und etwas Tolles mit einbringt?“ bildete sich ein Team von mittlerweile 15 Leuten. Zu Beginn konnten wir schon Räumlichkeiten in der Sprem 29 nutzen, damals Co-Working der Zukunftswerksstatt. Hier schufen wir Möglichkeiten, sich zu treffen. Die Themen Essen & Miteinander spielen meist eine große Rolle – die Kombination glauben wir, entspricht uns in unserem Menschsein.
Wie sieht deine tägliche Arbeit aus und bist du zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen?
Meine Arbeit ist ein kreativer Mix aus inhaltlicher Vorbereitungszeit für Gottesdienste etc., Gesprächen, Planen von Veranstaltungen und Abstimmungen, auch mit öffentlichen Bereichen. Aktuell beschäftigen uns vor allem organisatorische Fragen rund um den neuen mittendrin_Raum, der am 15. Oktober eröffnet wird: Wie bespielen und koordinieren wir – auch mit zahlreichen Ehrenämtlern – unsere neue Räumlichkeiten, beginnend bei der Einrichtung über die Instandhaltung usw.. Wir wollen Räume schaffe, sich zu besinnen und den Alltag für einen Moment hinter sich zu lassen; Gemeinsam und kontemplativ über Gott und Fragen unseres Lebens nachzudenken, Austausch anzuzetteln, damit man seine Gedanken nicht nur mit sich alleine teilen muss. Ansonsten bin ich öfter in der Stadt unterwegs. So findet man am besten heraus, was Menschen hier beschäftigt. Wichtige Zeit investiere ich auch in persönliche Zeiten von Stille und Gebet sowie Lesen, ob aktueller, theologischer oder philosophischer Texte.
Wir konnten schon so manches auf die Beine stellen und haben häufig die Erfahrung gesammelt, dass man hier gut neue Kontakte knüpfen und Menschen verbinden kann. So entstand auch die Idee zum Newcomer Dinner, das seit 2022 darauf abzielt, neue Cottbuser:innen zu adressieren und hier zu halten. Was noch nicht so gut klappt, ist die Pflege unserer vielen Topfpflanzen. Aktuell bin ich dafür noch zuständig. Hier brauchen wir unbedingt noch Unterstützung in der Sprem 29 ?
Wagst du einen kleinen Ausblick?
Wir wollen, wie auch die anderen Kirchen hier in der Stadt, eine Kirche für die Stadt sein. Neben Gottesdiensten und Kleingruppentreffen konzentrieren wir uns weiter auf die beliebten Formate: das 3. Newcomer-Dinner steht bald an. Bisher funktionierte der Austausch super und auch Bestandscottbuser:innen, die was zu erzählen haben, haben einen wertvollen Beitrag geleistet.
Wir wollen als Kirche weiter auf die lebenswerte Seite der Stadt aufmerksam machen, verknüpft mit Erfahrungswerten aus der Wirtschaft: Das CTK zum Beispiel stellt jeden Monat viele neue Mitarbeiter:innen ein, die vor allem bleiben, wenn sie sich gut und schnell integriert fühlen.
Das neue Büro wird wochentags besetzt sein, über die Öffnungszeiten des mittendrin_Raumes denken wir gerade noch nach wie auch über unseren weiteren Beitrag zur Belebung der Innenstadt aus ihrer Mitte heraus.
Joel und ich wünschen uns, dass unsere Ideen multipliziert und weitergetragen werden – das plant er selbst nach seiner Traineezeit bei uns. Vielleicht auch in der Lausitz. Wir wollen weiterhin Leute zusammenbringen, Kirche erlebbar machen und uns in unsere schöne Stadt einbringen. Immer unter der Prämisse, nichts neu erfinden zu müssen. Gern bringen wir uns auch bei den tollen Initiativen ein, die es schon gibt.
Sicher wird der mittendrin_Raum für die Stadt in der Spremberger Straße 29 ein neuer Lieblingsort für dich und viele andere. Was sollte sich ein neuer Cottbuser/ eine neue Cottbuserin aus deiner Sicht noch ansehen?
Neben unseren Stühlen aus dem Hotel Adlon empfehle ich einen Besuch bei Eis Greschke im Spree-Café – herrlich an der Spree gelegen. Außerdem finde ich es eine Pflicht, mal im Energie-Stadion gewesen zu sein, um die Atmosphäre aufzusaugen. Nicht zuletzt bin ich gern in Cafés auf dem Altmarkt.
Wir bedanken uns für das Gespräch. Das Interview führte Solveig Schaal.
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Unterstützung durch Ehrenamtliche ist immer willkommen. Bei Interesse einfach Kontakt über die Webseite aufnehmen oder weitere Infos bekommen: https://mittendrin-kirche.de/
Am Freitag erfährst du hier, welche Angebote die Kirche mittendrin sowie andere Initiativen machen, um neue und erfahrene Cottbuser zusammenzubringen und Austausch anzuregen.