Das FilmFestival ist einer der bedeutendsten Botschafter für unsere Region.
Name: Andreas Stein
Geburtsjahr: 1974 | Oschatz
Berufliches Zuhause: CEO pool production GmbH/ FFC-Manager
Hobbies: Lesen, Kino(!), Kunst, Theater und Sport (aktiv und passiv)
Status: Nomade/ Lausitzer/ Zuzügler
Andreas Stein ist Teil der Geschäftsführung der „Agentur für Aufmerksamkeit“ Pool Production und Veranstalter des FilmFestival Cottbus. Die weite (osteuropäische) Welt bringen er und sein Team seit 2001 Jahr für Jahr für eine Woche auf die Cottbuser Leinwände und in beinahe jede Lokalität der Stadt. Ein gehörige Portion Osteuropa trägt er dabei seit Kindheitstagen selbst im Herzen. Wie den gebürtigen Sachsen sein jugendliches „Nomadenleben“ geprägt hat und warum gerade Cottbus den Heimat-Status verdient, erfahren wir im Interview mit dem 49-jährigen. Außerdem gibt er einen spannenden Einblick in das diesjährige Filmfestival und verrät seine persönlichen Highlights.
33 Jahre gibt es das FFC schon in Cottbus – du mischst mittlerweile im 19. Festivaljahr mit. Was begeistert dich daran schon so lange und immer wieder aufs Neue?
Das FFC ist für mich Freude und Leidenschaft, Spannung und Humor, Neues und Bekanntes, Miteinander statt Gegeneinander, Geselligkeit und Weltoffenheit und eine der allerschönsten Seiten meiner Stadt Cottbus. Ich liebe das Festival innig und würde gern auch die 50. Ausgabe noch betreuen – rein rechnerisch wäre das möglich vor Renteneintritt. Das FilmFestival Cottbus ist eines der positiven Themen, die bundesweit und sogar über Deutschlands Grenzen hinaus mit Cottbus assoziiert werden. Unser Koproduktionsmarkt connecting cottbus einer der ältesten und erfolgreichsten Märkte Europas und ein echter Motor für die Filmwirtschaft. Das alles macht uns als Festival umso bedeutsamer für das Image der Region. Aber in erster Linie wollen wir natürlich ein Festival für die Region sein. Und genau das macht am Ende die Faszination FFC für mich aus, zu sehen, wie sehr die Menschen sich schon Wochen vorher auf das Festival freuen und die Emotionen zu erleben, mit denen sie die Kinosäle verlassen.
Nimm uns doch einmal mit auf die Reise in deine Vergangenheit und wie du überhaupt beim Filmfestival angekommen bist!
Aufgrund des Berufes meines Vaters sind wir sehr früh schon sehr oft umgezogen, etwa alle 2 bis 3 Jahre. An meine Geburtsstadt erinnere ich mich überhaupt nicht, habe dort nur ein paar Monate meines jungen Lebens verbracht. Über Rostock ging es dann für ein paar Jahre nach Moskau. Eingeschult wurde ich wieder in Rostock, zog dann aber noch in der 1. Klasse nach Dresden um. Zur 4. Klasse kamen wir nach Cottbus, wo ich übrigens – was für ein kurioser Zufall – die gleiche Schule wie meine heutige Geschäftspartnerin Doreen Goethe besuchte. Ab der 7. Klasse ging es in Senftenberg weiter. Für die Berufsschule und später das Studium an der BTU zog es mich dann wieder nach Cottbus. Seitdem lebe ich hier und fühle mich pudelwohl. Wenn ich über Heimat spreche, dann spreche ich über Cottbus. Zur Pool Production GmbH und damit zum FilmFestival Cottbus kam ich tatsächlich über einige Umwege und über die Empfehlung eines guten Freundes. Rückblickend würde ich behaupten, dass es Liebe auf den ersten Blick war. Wir haben uns beide nicht gesucht und doch sofort gefunden.
Das Festival bringt jedes Jahr für ein paar Tage Osteuropäische Kultur nach Cottbus – wie sehr genießt du das?
Die Arbeit am und mit dem Festival bereitet mir sehr großen Spaß und ich verbinde das Festival immer mit dem Wort Leidenschaft. Eine Leidenschaft, die all meine Kolleginnen und Kollegen mit mir teilen. Das ist auch enorm wichtig, sonst hätten wir uns niemals zum weltweit führenden Festival für den mittelost- und osteuropäischen Film entwickeln können. Die Internationalität, die Cottbus für eine Woche im November prägt, die Weltoffenheit und Gastfreundschaft, die uns als Stadt Cottbus so gut zu Gesicht steht, die spannenden Filme, die man in Deutschland häufig nur hier bei uns zu sehen bekommt, die Freude in den Gesichtern unserer Besucher, von ganz jung bis etwas reifer, die Gespräche mit den Filmschaffenden aus aller Welt, die Cottbus plötzlich viel positiver empfinden als der Ruf, der unserer Stadt voraus eilt – all das macht das Festival aus, all das ist Genuss pur für mich. Meine Liebe für das Kino und ein Hauch von osteuropäischer Seele tragen sicher auch zu diesem Genuss bei. Das Festival ist aus meiner Sicht einer der bedeutendsten Botschafter für unsere Region. Genauso wie die anderen Veranstaltungen, die unser Team gemeinsam mit Doreen Goethe und mir alljährlich auf die Beine stellt, wie die Nacht der kreativen Köpfe oder das Gartenfestival Schloss und Park Branitz. Auch ich sehe mich als Botschafter, wenn ich unterwegs bin, nicht nur für das Festival, sondern vor allem auch für die Stadt Cottbus, die so schön und vielseitig ist, in der öffentlichen und medialen Wahrnehmung leider aber häufig nur als grau, verstaubt und rechts wahrgenommen wird. Und auch wenn es immer ein Stück Wahrheit an Klischees gibt, hat unsere Stadt dieses Image ganz sicher nicht verdient.
Viele wissen es vielleicht noch gar nicht: Seit 2021 veranstaltet ihr zusätzlich das jährliche Jüdische Filmfestival Berlin und Brandenburg. War das als Ausbruch aus der Routine gedacht?
Naja, ich würde nicht behaupten, dass wir an Langeweile gelitten haben. Hier kam eins zum anderen. Ich suchte nach Möglichkeiten, das FFC unterjährig noch besser in die Breite zu tragen und überregional zu positionieren. Daraus entwickelte sich zunächst das Projekt 5x4 – Brandenburger Festivalkino, unter deren Dach und angebunden an unser FFC sich die vier größeren Filmfestivals aus dem Land Brandenburg zu gemeinsamen Programmaktivitäten zusammenschlossen und brandenburgisches Festivalkino in anderen Bundesländern präsentierte. Kurz darauf bat mich zunächst die brandenburgische Landesregierung und dann die Direktorin des Jüdischen Filmfestival Berlin und Brandenburg das JFBB zu übernehmen. Natürlich hatte ich anfangs ein wenig die Befürchtung, dass wir dem inhaltlichen Thema und auch der Festivalorganisation in Städten wie Berlin und Potsdam nicht gewachsen sein könnten, doch zusammen mit meinem Team haben wir die Herausforderung gemäß dem Motto - wer nichts wagt, der nicht gewinnt - angenommen. Nach drei JFBB-Jahren und mit einigen Berg- und Talfahrten haben wir das Jüdische Filmfestival in diesen beiden Städten etabliert und uns international positioniert. Das FFC profitiert auch davon, weil sich beide Festivals inhaltlich befruchten und weil die neuen Netzwerke ihm ebenfalls zugutekommen.
Welche Neuerungen erwarten uns bei der diesjährigen Ausgabe des Osteuropäischen Filmfestivals vom 7.-12. November?
Erstmal haben wir das Programmheft in ein Taschenformat gebracht, weil es handlicher ist als unser - zweifellos sehr schönes - FestivalMagazin in den vergangenen Jahren. Zudem ordnen wir jetzt allen Filmen zwei bis drei Schlagwörter zu, damit sich unser Publikum besser orientieren kann. Neu ist auch, dass wir alle Kinos die komplette Festivalwoche über bespielen. Die Preisverleihung mit anschließender Party gibt’s künftig im Bunten Bahnhof. Inhaltlich beschäftigen wir uns traditionell mit dem Besten aus Osteuropa in unseren drei Wettbewerben Spielfilm, Kurzfilm und Jugendfilm. Darüber hinaus widmen wir uns der Ukraine, nicht nur, weil das Land von Russland angegriffen wurde, sondern weil sich dort eine unglaublich spannende Filmlandschaft entwickelt hat. Außerdem geht unser Blick in diesem Jahr nach Kasachstan und wir beschäftigen uns mit Antiziganismus sowie mit den Aufständen in ehemals sozialistischen Ländern und den Fragen, was sie damals bewegt haben und wie sie heute reflektiert werden. Unser Programm haben wir in diesem Jahr ein wenig auf „nur“ 150 Filme reduziert und denken, dass wir dem Publikum mit der etwas übersichtlicheren Auswahl und mit der Tatsache, dass in diesem Jahr erstmalig fast jedes Filmprogramm wiederholt wird, entgegenkommen. Ich möchte alle herzlich einladen vom 7. bis 12. November das 33. FFC zu besuchen. Unser Programmdirektor Bernd Buder, dessen Expertise ich blind vertraue, hat mir versichert, dass unser Filmprogramm so vielfältig ist wie noch nie ist und wir vom leisen Psychodrama über schrille Komödien bis zum Science-Fiction-Thriller und Kung Fu-Streifen jede Menge herausragende Filme präsentieren werden.
Welches war der letzte Kinofilm, den du geschaut hast und welchen Beitrag kannst du diese Jahr beim Festival besonders empfehlen?
Meine letzten Filme waren „Wochenendrebellen“ im Kino und „The Whale“ bei Netflix. Zwei Filme, die mich tief beeindruckt und sehr beschäftigt haben.
Beim Festival kann und möchte ich keinen Film herausheben. Wir haben ein wirklich sehr vielfältiges Programm, allein schon in den Wettbewerben, und es wird für jeden Geschmack etwas dabei sein. Cottbuserinnen und Cottbuser dürfen sich ganz besonders auf die Erstausstrahlung des neuen Polizeiruf 110 „Cottbus“ freuen und auch auf die Premiere der „Zauberflöte“ aus der Märchenreihe „Sechs auf einen Streich“.
Verrätst du uns abschließend noch deinen Lieblingsort in Cottbus?
Auf meinen Laufrunden weiß ich besonders die innenstadtnahe Natur am Spreeufer zu schätzen, meine persönliche Ladestation und eine Oase der Ruhe zu jeder Tages- und Jahreszeit. Mit dem FC Energie Cottbus als „Heimatverein“ ist das Stadion der Freundschaft – ich bin Vereinsmitglied seit vielen Jahren – natürlich auch mein place to be.
Wir bedanken uns für das Gespräch, aufgezeichnet von Solveig Schaal.
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Alle Infos zum 33. FFC vom 7.-12. November findest du auf der Webseite www.filmfestivalcottbus.de.
Für die Unterstützung beim FilmFestival Cottbus sucht pool production immer Aushilfskräfte. Bei Interesse einfach Kontakt über die Webseite aufnehmen: https://www.pool-production.de/jobs.html